Die ostholsteinische Küstenbahn - HP 28.5.1884

Der "K. Ztg." wird aus Neustadt geschrieben: Die ostholsteinische Küstenbahn, wie solche von Kiel projectirt wird, dürfte nicht nur für die nachbetheiligten Gemeinden, sondern mittelbar auch für Neustadt von hervorragendem Werthe sein, namentlich wenn dieselbe gleich von vornherein die neuerdings angeregte Verlängerung nach Heiligenhafen erhalten sollte. In erster Linie verspricht sie der Kreis-Oldenburger Bahn, an deren Rentabilität die Stadt ein so naheliegendes Interesse hat, einen Verkehr zu erschließen, auf welchen bei der jetzigen gewissermaßen unfertigen Gestalt niemals gerechnet werden kann. Sodann wird die Bahn auf die Belebung unseres Getreide- und Produktengeschäfts, dem eine Verbindung mit dem in Bezug auf Produktion wie Konsumtion so außerordentlich leistungsfähigen District im Westen wie im Norden (bis nach Fehmarn hinein) eröffnet wird, von wohlthätiger Einwirkung sein. Auch an die neue Zuckerfabrik hierselbst dürfen wir denken. Sollte diese sich nicht damit noch weitere werthvolle Bezugsquellen für Lieferung von Rüben erschließen und somit die Möglichkeit einer späteren Betriebsausdehnung sichern? Die wohl hier und da gehegten Befürchtungen über eine gegenseitige Concurrenz zwischen den drei Städten Neustadt, Oldenburg und Heiligenhafen, falls alle miteinander durch eine Bahn verbunden würden, halten wir für zur Hauptsache gegenstandslos. Der Vortheil, der Heiligenhafen aus dem Unternehmen zufallen wird, liegt vor Allem auf dem Gebiete des Durchgangsverkehrs von Dänemark her nach dem Süden. Die neue Bahnstation Syltholm auf Laaland läßt sich ja von Heiligenhafen in 2 1/2 Stunden erreichen und es wäre sehr zu verwundern, sofern sich nicht hier später ein bedeutender Viehtransit entwickeln würde. Auch die Fischerei und der Holzhandel daselbst können auf einen wesentlichen Aufschwung rechnen. Oldenburg hat Aussicht, seine Bedeutung als Marktort im Mittelpunkt eines weiten Kreises zu heben, sobald Schienenwege von hier aus strahlenförmig in drei Richtungen, nach Norden, Süden und Westen laufen. Neustadt wird der Nutzen zu Theil, den wir bereits vorhin hervorgehoben. Es sind also wesentlich verschiedene Vortheile, welche für die drei Ortschaften erwachen. Was an wirtlicher "Concurrenz" übrig bleibt, das kann der gesegnete Landestheil, in welchem dieselben gelegen sind, unschwer tragen. Wir sprechen demnach auch unsererseits die Hoffnung aus, daß das Werk zu Stande kommen möge!