Im Garten ist noch Platz

Der Eisenbahnvirus wurde mir wohl schon mit in die Wiege gelegt, meine Großväter waren beide bei der Bahn. Leider hat unser Familienfotoalbum nur wenige Bilder ans Tageslicht gebracht und so begann die Suche nach weiteren Bildern. (Vorbild Heiligenhafen)
Dabei habe ich schnell erkannt, wie interessant die Geschichte der Eisenbahn in unserer Umgebung ist. Die kleine Nebenbahn mit dem kleinen Trajekt zur Insel Fehmarn wurde durch die Vogelfluglinie zu einem bedeutenden Verkehrsweg. Der Kopfbahnhof von Heiligenhafen lag etwas abseits der heutigen Vogelfluglinie. Es entstand die Idee, diesen Bahnhof wieder zum Leben zu erwecken.
Zuerst wollte ich es mit dem vorhandenen Spur-N Material realisieren. Leider scheiterte dieses Vorhaben neben dem Platzbedarf auch an der speziellen Einfahrtweiche. Ich habe diese Idee also verworfen, aber den Wunsch auf diese Nachbildung nie ganz vergessen können.
Im Herbst 1996 war es dann soweit, ich hatte die finanzielle Möglichkeit mir meinen Traum zu erfüllen. Auf der Suche nach einem geeignetem Standort hörte ich den Kommentar: „Im Garten ist noch Platz...“
Tja, warum eigentlich nicht? Nachdem die Wahl der Spurweite schnell getroffen war, begann die Suche nach Vorschlägen für den Aufbau im Garten. Im Eisenbahn-Magazin tauchten ab und zu mal Berichte über Gartenbahnen auf , sehr gut beschrieben war dieses Thema auch in dem Buch „Kleine Welt auf Rädern“ von Florian Eisen. Heute gibt es ja glücklicherweise das Internet, wo Hersteller und Modellbahner wertvolle Tipps geben.
Um möglichst lange Fahrzeiten zu erreichen, sollte die Strecke an der Terrasse und der daneben liegen Garage vorbeiführen. Im Anschluss an die Terrasse sollte in absehbarer Zeit ein Gartenhäuschen entstehen. Da man nicht gleich über die Modellbahn stolpern möchte, wenn man zum Gartenhaus gelangen möchte und auch das Auto noch irgendwie in die Garage kommt ist aus „Betonabschlusskanten“ ein ca. 9 Meter langer Tunnel entstanden. Die Grundfläche dieser U-Profil-Klötze beträgt 50 x 40 Zentimeter, die Höhe außen 50 cm und innen 30 cm. Die Bahn benötigt nur ca. 20 Zentimeter der Höhe, deshalb habe ich die restlichen 10 cm mit Kies verfüllt. Welchen Vorteil das Kiesbett bei der Gartenbahn bietet habe ich erst später erkannt. Der Tunnel ist mit Gehwegplatten (50 x 50 cm) abgedeckt, damit wurde die Terrasse einen halben Meter länger. Direkt vor der Garage habe ich 5mm starke Alubleche unter die Gehwegplatten gelegt, bisher hat diese Konstruktion das Auto ausgehalten.
Der Gartenbereich auf der „Straßenseite“ unseres Grundstücks besteht zum Großteil aus einer relativ ebenen Rasenfläche. Deshalb ist die Kehrschleife mit einem kleinen „Schattenbahnhof“ auf einer Trasse aus Betonplatten entstanden. Diese Art die Gleise zu verlegen würde heute auf keinen Fall mehr wählen. Da die Gleise ja wie auf einem Präsentierteller liegen, wurde die Strecke hier schon mehrfach durch Fußtritte zerstört.
Der Tunnel und das Gartenhaus trennen die Gartenbereiche optisch, der Betrachter vermutet einen Gleisverlauf in Richtung Keller. Tatsächlich verläuft der Tunnel aber geradlinig, die ums Haus herumführende Strecke endet nach ca. 45 Metern im Kopfbahnhof „Heiligenhafen“. Auf diesem Teil der Gleisanlage habe ich mir etwas mehr Arbeit gemacht und ein richtiges Kiesbett angelegt. Zuerst wurde der Streckenverlauf geplant und markiert. Danach wurde mit dem Spaten eine Rinne gegraben (ca. 20 cm breit und 25 cm tief). Diese Rinne habe ich mit einem schmalen Streifen Teichfolie ausgelegt und seitlich mit einer Beeteinfassung aus Kunststoff begrenzt. Die Teichfolie soll das Durchwachsen von Wurzelwerk verhindern. Damit das Regenwasser schneller abgeleitet wird, liegt die Mitte der Rinne etwas höher als die Ränder. Nachdem in die Baugrube einige Kabel gelegt worden sind (weitere Informationen hierzu folgen etwas später im Text), wurde der Kies eingefüllt und verdichtet. Ich habe runden Kies mit einer Körnung von 2 bis 8 Millimetern verwendet, die seitliche Begrenzung ragt dann nur noch ca. 2 Zentimeter über das Kiesbett hinaus. Etwas später habe ich die Plastikkante außen mit einer Beeteinfassung aus Holz zusätzlich verkleidet.
Der Hof sollte auf jeden Fall mit dem Auto erreichbar bleiben, ein Tunnel in der Zufahrt war nicht möglich. Jedes Mal eine Brücke schließen zu müssen, wenn man Betrieb machen will, klang auch nicht besonders positiv. Im Baumarkt hatte ich dann diese länglichen Gullydeckel für gepflasterte Flächen entdeckt, die vorgesehene Verschraubung wurde weggelassen und anstelle des Regenwassers kamen Kies und Gleise hinein. Die Abdeckgitter liegen an der Seite und werden einfach eingesetzt, wenn man mit einem Fahrzeug auf den Hof möchte.
Der Endbahnhof wurde größtenteils durch eine Art „Carport“ überdacht, so kann man auch bei „Schmuddelwetter“ ein wenig basteln, oder rangieren. So ganz ausgereift ist dieser recht einfache Bau noch nicht, da hier momentan nur die Eisenbahn Unterschlupf findet. Eine Art Wintergarten mit Wäscheplatz wäre wohl nicht nur optisch eine bessere Lösung.
Besonders wichtig beim Aufbau der Modellbahn im Garten ist die Kontrolle der Steigung, es sollten auf keinen Fall mehr als 2 Prozent (2 cm auf einem Meter Strecke) sein. Hierfür ist die Anschaffung einer billigen Laserwasserwaage eine sehr lohnende Investition. Bei trockenem Wetter werden nicht so schnell Probleme auftauchen. Aber sobald z.B. am Abend die Feuchtigkeit kommt, werden bei zu großen Steigungen die schweren Züge hängen bleiben. Durch durchdrehende Räder entsteht zudem ein feiner Schmierfilm, der auch noch isolierend wirkt. Der nächste Zug trägt den Dreck über die gesamte Anlage...
Oft habe ich an einen Reinigungszug gedacht. Aber irgendwie ist es doch besser, wenn man etwas Handarbeit investiert. Bevor der Fahrbetrieb beginnt wische ich die Gleise mit einem alten, feuchten Handtuch ab. Diese Aktion wird natürlich wiederholt, sobald es nötig ist. Im Frühjahr ist es oft der Blütenstaub, im Sommer die Hinterlassenschaften von Blattläusen und manchmal auch ein todesmutiger Trupp Ameisen. Für die Gleisreinigung zähle ich einen Laubsauger zu den lohnenden Investitionen, selbst wenn man damit ziemlich merkwürdig aussieht.
Auf der Suche nach dem richtigen Gleismaterial habe ich mich für das Messingprofil der Firma Thiel entschieden. Zum Einen, weil wir es ja hier an der Küste mit der salzhaltigen Luft zu tun haben und Messingbeschläge auch auf den Schiffen verwendet werden. Zum Anderen war es ganz klar eine Preisfrage. Die Weichen stammen ausnahmslos von Hübner, bzw. sind aus Hübnermaterial selbst gebaut. Ich habe alle Schienen miteinander verlötet, deshalb dürfen z.B. in der Kehrschleife die Gleise auf keinen Fall festgeschraubt werden. Bei starken Temperaturschwankungen kann man in den Kurven seitliche Verschiebungen von 1,5 Zentimetern feststellen.
Alle 5 bis 8 Meter wird der Strom in die Gleise eingespeist, hierfür habe ich Feuchtraumleitung mit einem Querschnitt von 1,5 Millimetern und einer Länge von 25 Metern verwendet. Da der Tunnel allerdings ca. 50 Meter von der Digitalzentrale entfernt ist, habe ich dort einen Verteilerkasten angebracht. Die Zuleitungen zu diesem Verteilerkasten haben einen Querschnitt von 2,5 Millimetern. Bei der Auswahl der Kabel muss unbedingt darauf geachtet werden, das man keine „gedrillten Kabel“ verwendet. Die dünnen Drähtchen werden sich sehr schnell verabschieden, ich habe es ausprobiert!
Für die Steuerung der Anlage verwende ich Digital Plus von Lenz. Der Grund hierfür ist der XpressNet Bus, an den bis zu 30 Handregler angeschlossen werden können. Mehrere Anschlussstellen (2 Anschlussbuchsen und Not-Aus Taste) sind in Streckennähe angebracht.
Durch den Digitalbetrieb kann man ja den Strom umschalten, wobei der fahrende Zug die Fahrtrichtung nicht ändert. Deshalb ist für den Anschluss der Kehrschleife kein besonderes Kehrschleifenmodul nötig. Über zwei, jeweils ungefähr 1 Meter vor der Weiche liegende „Kontaktgleise“, wird bei meiner Anlage ein bistabiles Relais umgeschaltet. Dieses Relais schaltet den Weichenmotor und ein weiteres Relais, welches den Fahrstrom umpolt. Das Herzstück der Weiche wird direkt an das innenliegende Gleis angeschlossen.

FLORIAN EISEN, Kleine Welt auf Rädern – Das faszinierende Spiel mit Modelleisenbahnen
1986 Falken- Verlag Nachf., Bestellnummer: 06014 5

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