Von Fr. Jürgens
Die Eisenbahn Oldenburg - Heiligenhafen - Fehmarn
Durch die Erbauung der Eisenbahn von Neustadt nach Oldenburg sind Handel und Schifffahrt unseres Ortes schwer geschädigt worden, indem diese Bahn unseren Geschäftsleuten einen wesentlichen Teil ihres Geschäftsgebietes entzog, und sie dadurch zur unfreiwilligen Unthätigkeit und zum Verfall geradezu verdammte, ohne ihnen Gelegenheit zu bieten, für das Verlorene Ersatz zu finden, es ist daher nur möglich, die heruntergekommenen Erwerbsverhältnisse durch Wiederbelebung von Handel und Schifffahrt und die Ausbildung der Küstenfischerei zur Hochseefischerei zu verbessern, wenn der Anschluß an die Eisenbahn hergestellt wird.
Seit Jahrzehnten schwebt das Projekt einer Eisenbahn von Oldenburg nach Heiligenhafen, welches im Jahre 1889 dahin erweitert wurde, die projektierte Bahn gleich bis Burg auf Fehmarn zu führen. Durch die sich diesem Unternehmen entgegenstellenden Schwierigkeiten zieht sich nun aber die Lösung der Frage zum größten Nachteil der Stadt Heiligenhafen weiter in die Länge. Wenn wir daher dafür eintreten, daß zunächst die Strecke von Oldenburg nach Heiligenhafen ausgebaut werde, so gebietet uns dies die Not der auf unserem Ort und seinen betriebsamen Bewohnern lastenden schweren Zeit.
Soll die Bahn überhaupt von hier nach Fehmarn weitergebaut werden, so müssen wir das Projekt der Ueberführung derselben auf einem festen Damm durch den Fehmarnsund als ein sehr unglückliches und die Schifffahrtsinteressen schwer schädigendes bezeichnen, denn sowohl bei dem geplanten 16 Meter breiten Durchlaß durch den Damm als auch bei dem eventuell als neue Wasserstraße herzustellenden Kanal durch die Nordostspitze des Landes Oldenburg würden sich Schifffahrtshindernisse bieten, welche ganz besonders eine Beeinträchtigung des schon so sehr gefährdeten Kleinbetriebes herbeizuführen geeignet wären. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, steht als sicher fest, daß in dem 16 Meter breiten Durchlaß die Stromgeschwindigkeit jede Schifffahrt unter Segel unmöglich macht und daß der Kanal diese Schifffahrt in sehr hohem Maaße erschwert und verlangsamt. Eine Verbesserung des Verkehrs zu Wasser und zu Lande ist aber was uns Not thut.
Eine Bahn nach Fehmarn kann nach unserer Ansicht sehr wohl zu Schiff über den Sund geführt werden, ohne daß besondere Hafenbauten an jeder Seite nötig wären.
Auf der Linie Dover - Calais, wo ein großartiger Weltverkehr sich bewegt, legen die Postdampfer auf der englischen Seite an der Admiralitätspier (Admiraly Pier) zu Dower, einer einfachen in den englischen Kanal hinaus gebauten Steinmole an. Was dort unter dem Einfluß von Ebbe und Flut, unter dem Andrang der See aus dem nordatlantischen Ocean und der Nordsee möglich ist, das sollte im Fehmarnsund nicht auch durchzuführen sein?
Hier liegen die Verhältnisse so einfach und die Verkehrsbedürfnisse der 10000 Einwohner der Insel Fehmarn sind so gering, daß man für das Trajekt zunächst sogar ohne Dampfschiff auskommen kann. Die 900 Meter breite Ueberfahrt läßt sich durch eine Seilfähre mit Dampfwinde ohne Frage so ausführen, daß die Schifffahrt nicht beeinträchtigt wird. Für den Personenverkehr wäre außer dieser Fähre die zwischen Heiligenhafen und Orth bestehende Dampferverbindung zunächst ausreichend. Ist das Bedürfnis später unabweisbar, so läßt sich die Verbindung über den Sund sehr leicht und schnell verbessern. Ein Trajektdampfer ist schneller gebaut als verkauft, wenn er sich als überflüssig erweist.
Schluß.
Nachdem über die zuvor beregten Verkehrsmittel seit Jahren beraten und projektiert ist, sollte mit der Ausführung nicht bis nach der Fertigstellung des Nord-Ostsee-Kanals gewartet werden.
Sieht man von den Eisenbahnanlagen ab, so sind die verlangten Verbesserungen der Fahrwasser so gering, ihr Vorteil für die Schifffahrt und Fischerei ist andererseits so groß, daß man die lange Verzögerungihrer Ausführung kaum begreift.
In den altpreußischen Häfen arbeitet Jahr aus Jahr ein eine ganze Flotte von Dampfbaggern an der Erhaltung der Fahrwasser. Es wird daher sicher nicht schwer sein, für die hier erwähnten, verhältnismäßig billigen und leicht ausführbaren Verbesserungen die Geldmittel flüssig zu machen.
Daß der Aufschwung des Verkehrs, welchen der Nord-Ostsee-Kanal bringen soll, eine Verbesserung des Signalwesens und der Befeuerung unserer Küsten bedingt, ist außer Zweifel. Es ist sogar zu behaupten, daß der Verkehr nur dann den gehofften Aufschwung nimmt, wenn wir demselben, durch deraartige Hilfsmittel überall Wege bahnen.
In und an den dänischen Fahrwassern von Skagen bis zur Ostsee werden die Signaleinrichtungen, die Leuchtfeuer und die Betonnung seit einigen Jahren mit solcher Umsicht verbessert und ergänzt, daß wir im Jahre 1895 zwar den Kanal, die dänischen Fahrwasser aber einen Verkehr haben, wenn wir nicht zu den gleichen Maaßnahmen an unseren Küsten greifen. Beweisend in dieser Hinsicht ist unter Anderem, daß an der ganzen Deutschen Küste von Memel bis Ostfriesland bis jetzt noch nicht eine einzige Semaphorstation besteht, eine Einrichtung die sonst an keiner belebten Wasserstraße der Erde fehlt.